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Auf der Ranch geteilt
Bonusszene

Cindy
Vier Jahre später

Schon als ich die Augen aufschlug, wusste ich, dass es ein guter Tag werden würde. Die fehlenden Benachrichtigungen auf meinem Handy versprachen mir das.
Ich streckte meine Glieder im Bett aus, genoss das unglaublich weiche Bettlaken des King-Size-Bettes. Vor einem Jahr hatten wir ein größeres gekauft. Wir brauchten den Platz.
Aber weder Arme noch Beine berührten irgendeinen anderen Körper. Ich war allein. Was nicht überraschend war – die Jungs standen für gewöhnlich eher auf und ließen mich etwas länger schlafen.
Das war mir nur recht, auch wenn ich ihre warmen Körper vermisste.
Ich ließ mir Zeit beim Aufstehen – das war ein Prozess, der etwa fünfzehn Minuten in Anspruch nahm, in denen ich stöhnte, seufzte und mich streckte. Das war das Beste daran, mein eigenes Unternehmen zu haben: Ich konnte meine Arbeitszeiten selbst wählen. Kein Nine-to-Five-Blödsinn mehr für Cindy Jameson. Ich stand dann auf, wann ich wollte, und ging ins Bett, wann ich wollte.
Schließlich trieb mich der Drang, die Märkte zu überprüfen, doch aus dem Bett und zu dem Schreibtisch in der Ecke. Nach ein paar Klicks auf der Tastatur starrte ich auf eine Reihe von Kerzencharts. Es gab einen kleinen Anstieg, als der chinesische Markt letzte Nacht geöffnet hatte, doch der hatte sich schnell wieder gelegt. Dann überprüfte ich meinen Handelsverlauf und grinste. Zu Beginn eines Anstiegs fand eine Reihe automatisierter Käufe statt, dann wurde sofort wieder verkauft, bevor sie wieder sanken. Ein ordentlicher Gewinn von acht Prozent, während ich friedlich geschlummert hatte.
Auch wenn ich ein Beratungsunternehmen für Kryptowährungen leitete, das für seine Kunden Vermögenswerte in Höhe von über 120 Millionen Dollar verwaltete, machte der kleinere Tageshandel immer noch Spaß. Nichts war damit vergleichbar, wenn ein neuer Kryptowert, in den man investiert hatte, innerhalb von einer Woche vierhundert Prozent Gewinn machte.
Nachdem ich meine Marktneugierde befriedigt hatte, schlenderte ich in die Küche. Die Jungs waren schon weg und hatten den Geruch von gebratener Butter und Old-Spice-Deodorant zurückgelassen. Ich lächelte, als ich zur Arbeitsplatte ging; Chase hatte einen mit Alufolie bedeckten Teller für mich dagelassen, auf dem ein einmal gefalteter Zettel mit meinem Namen lag. Ich grinste wie eine Sechstklässlerin, die gerade ihren ersten Liebesbrief bekommen hatte, als ich ihn auseinander faltete.
»Ein paar Pancakes für meine Liebste. Wenn du brav bist, bedecke ich dich heute Abend vielleicht mit Sirup und lecke jeden Tropfen wieder von dir. Happy Ranchiversary, Cindy.«
Ich kicherte über seine Albernheit. Essen und Sex miteinander zu verbinden, war nur selten so reizvoll, wie es klang. Klebrigen Sirup auf meinem ganzen Körper und dem Bett zu haben, klang eher wie ein Albtraum. Was man danach alles putzen müsste! Dennoch wärmte es mir das Herz und ich grinste weiter, während ich die Pancakes herunterschlang. Chase war nicht gerade der literarischste von den Brüdern, aber er hatte es versucht, und das war absolut hinreißend.
Ich ignorierte die Kaffeetasse, die bereits auf mich wartete, während ich meine E-Mails auf dem Handy las. Zwei neue Anfragen von Banken für ein Gespräch – beide waren national tätig. Heutzutage wollte jeder mit Jameson Investing zusammenarbeiten – oder uns aufkaufen. Im vergangenen Jahr hatte ich nicht weniger als drei Anfragen für eine Übernahme erhalten, eine verzweifelter als die andere. Alle hatte ich abgelehnt.
Ich liebte diesen Job, weil ich von der Ranch aus arbeiten konnte. Wir konnten gut davon leben – sehr gut. Diese Freiheit würde ich für ein bisschen mehr Geld, auf das ich nicht angewiesen war, nicht eintauschen wollen.
Ich liebte das Haus. Wir hatten es mit einem Grundriss gebaut, der der alten Ranch sehr ähnlich war, weshalb es sich immer noch wie das Haus anfühlte, in dem ich aufgewachsen war – mit ein paar modernen Verbesserungen. Die größeren Badezimmer und ein begehbarer Kleiderschrank waren eine willkommene Veränderung.
Es hatte eine Weile gedauert, bis mir meine wahren Emotionen für diesen Ort bewusst geworden waren. Als ich das erste Mal nach all den Jahren zurückgekommen war, nachdem mein Vater gestorben war, hatte ich die Ranch immer noch gehasst. Doch es war eher das Bild in meinem Kopf als der tatsächliche Ort. Mein personifizierter Teenager-Hass. Schlimmer noch, ich sah die Ranch als den Ort an, an dem ich meine Mutter hatte sterben sehen und an dem ich danach mit meinem Vater allein hatte leben müssen. Es war unmöglich, das Haus von diesen Emotionen zu trennen.
Jetzt, da es abgebrannt und neu gebaut worden war, wurde mir bewusst, dass ich diesen Ort die ganze Zeit über vermisst hatte. Die Ranch war unschuldig, hier konnte ich mich frei fühlen. Sie barg auch gute Erinnerungen an Mom und Dad, nicht nur schlechte. Es fühlte sich richtig an, hierzubleiben.
Die gute Gesellschaft half mir ebenfalls dabei.
Ich fand Heidi auf der hinteren Veranda, von wo aus sie ihr Reich überblickte. Sie liebte die neue Veranda, die wir gebaut hatten und von der aus sie meilenweit in jede Richtung blicken konnte. Sie war in die Jahre gekommen, gab aber immer noch gerne vor, der Wachhund zu sein – obwohl sie mehr Zeit damit verbrachte, die Menschen abzulecken als zu bellen, wann immer jemand zu Besuch kam.
»Was denkst du?«, fragte ich sie und kraulte sie hinter den Ohren. »Wird heute ein guter Tag werden?«
Ich entschied, dass ihr Ausdruck definitiv Ja bedeutete.
Daniel war im Stall und ölte die Sattel, was er gerne jede Woche tat, auch wenn es einmal im Monat ausreichen würde. Er tat so, als hätte er mich nicht bemerkt, als ich eintrat und ihn eine Weile beobachtete.
»Wurde auch Zeit, dass du aufstehst«, sagte er, als wäre er ein strenger Boss. »Die Sonne ist schon vor Stunden aufgegangen.«
»Sie ist genau vor fünf Minuten aufgegangen«, sagte ich. »Das weiß ich, weil ich den Sonnenaufgang zusammen mit Heidi beobachtet habe.«
»Trotzdem muss die Arbeit erledigt werden.«
Ich beugte mich über die Werkbank und atmete langsam ein. Es ging doch nichts über den Geruch von geöltem Leder. »Ich habe meine Arbeit im Bett erledigt.«
Daniel wandte sich zu mir und hob eine Augenbraue.
»Ich meine die Kryptoarbeit. Die Transaktionen wurden über Nacht ausgelöst, während ich geschlafen habe.« Ich trat näher zu ihm heran, bis sich unsere Oberschenkel berührten. »Obwohl die Arbeit im Bett selbst auch ziemlich gut war.«
»Das ist sie immer«, murmelte er.
Daniel hob mich in seine Arme und trug mich durch den Stall, dass seine öligen Hände dabei meine Jeans beschmutzten, interessierte mich nicht. Er ließ mich auf einen Haufen aus frischem Heu fallen, dann zog er mir die Hose aus und küsste mich über dem Rand meines Höschens, bevor er das ebenfalls hinunterzog. Ich starrte in seine smaragdgrünen Augen hinauf, als er mich unter seinem Körper einschloss, warm und beschützend.
Wir liebten uns langsam und zärtlich, weil es noch früh am Morgen war und wir alle Zeit der Welt hatten.
»Sattel Rocky für mich«, sagte ich, während ich mich zurück in meine Jeans arbeitete.
»Das war’s?«, fragte er, immer noch nackt im Heu liegend. »Rein, raus? Vielen Dank auch?«
»Das war’s«, neckte ich ihn. »Heute Abend habe ich eine Überraschung für dich.«
Als er das hörte, setzte er sich auf. »Für das Ranchiversary?«
»So etwas in der Art. Allerdings weiß ich nicht, ob ich alles für die Überraschung vorbereiten kann, wenn ich kein Pferd habe, also …«
Noch nie zuvor hatte ich einen Mann gesehen, der sich so schnell anziehen konnte.
Ich liebte es, über das Gelände zu reiten. Es fühlte sich an wie mein eigenes kleines Stück von der Welt, dessen Grenzen zu weit entfernt waren, um sie sehen zu können. Als könnte ich tagelang weiterreiten, egal in welche Richtung, ohne auf einen Zaun zu treffen.
Rocky wollte davonstürmen und lossprinten, aber ich hielt ihn in einem gemütlichen Schritt. Unter anderem auch deshalb, weil ich den heutigen Tag genießen wollte.
Ich ritt zur Grenze des Grundstücks bei den Honeycombs. Francis war immer noch im Gefängnis und würde nicht allzu bald wieder rauskommen, und auch Herald hatte uns seit jenem Tag vollständig gemieden. Außerdem gab es einen neuen Sheriff in der Stadt, den er nicht um den Finger wickeln konnte und der tatsächlich die Gesetze verteidigte.
Die Pferde von Landon und Chase waren neben dem Tor angebunden. Die beiden Brüder standen daneben und traten einen kleinen mit Reis gefüllten Jonglierball zwischen sich hin und her. Chase zeigte in meine Richtung, dann gingen sie schnell zu ihren Pferden zurück, als ich mich ihnen näherte.
»Ähm, hey«, sagte Chase und wischte sich mit einer schmutzigen Hand durch sein noch schmutzigeres Haar. Ich liebte die kleinen Sommersprossen auf seinem Gesicht. »Wir haben nur …«
»Oh, komm schon«, sagte ich mit einem Grinsen. »Glaubt ihr, ich wüsste nichts von euren kleinen Ballspiel-Pausen?«
»Du scheinst gar nicht sauer zu sein.« Landon nahm seinen Hut ab und wischte sich mit einem Taschentuch über die Stirn. Sein lockiges schwarzes Haar war kürzer als sonst, weil er gerade erst beim Friseur gewesen war, wodurch seine Ohren länger wirkten. Das war süß. Dann bemerkte ich, was ich tat – ich untersuchte die Jungs auf interessante physische Eigenschaften – und zwang mich, damit aufzuhören.
»Warum sollte ich sauer sein? Mir ist egal, was ihr macht, solange die Arbeit erledigt wird.« Ich hob drohend einen Finger. »Aber wenn die Arbeit nicht mehr erledigt wird, werde ich euch feuern müssen.«
»Du kannst uns nicht feuern«, erwiderte Landon lässig. »Wir besitzen genauso viel von dieser Ranch wie du.«
»Fordere mich nicht heraus, sonst finde ich einen Weg.«
»Haben dir die Pancakes geschmeckt?«, fragte Chase. »Habe sie extra für dich gemacht.«
»Sie waren großartig. Und euch auch ein Happy Ranchiversary.« Ich setzte ein mysteriöses Lächeln auf. »Heute Abend habe ich eine Überraschung für euch.«
»Eine Überraschung, die uns gefallen wird?«, fragte Landon. »Weil das, was du letztens getan hast …«
Ich kicherte. Das hatte Landon überrascht. Ich glaube immer noch, dass es ihm gefallen hat, auch wenn er es nicht zugeben wollte.
»Mach dir keine Sorgen. Es ist eine ganz harmlose Überraschung.«
»Also ein Geschenk?«, fragte Chase. Er sah aus wie ein aufgeregter Labrador. »Etwas, das wir auspacken können?«
»Ihr werdet schon sehen«, sagte ich und wandte mich ab, um wieder davonzureiten. Ich hörte, wie sie hinter mir herriefen, aber mir gefiel es, wenn sie sich ein wenig den Kopf zerbrachen.
Ich ging nicht direkt nach Hause. Ich ritt über das Gelände am Rande der Wiese entlang, auf dem die Rinder grasten. Dank ein paar guten Käufen von anderen Ranches konnten wir die Größe der Herde fast verdreifachen, was es den Jungs schwermachte, sich um sie zu kümmern. Landon sagte, dass wir bald neue Helfer einstellen müssten.
Allerdings wollte ich unsere kleine Familie nur ungern stören.
Die letzten vier Jahre waren so reibungslos verlaufen. Bei mir und meiner Beratungsfirma für Kryptowährungen genauso wie bei den Jungs und der Ranch. Und das Seltsamste daran? Die Tatsache, dass es nicht seltsam war. Unsere polyamoröse Beziehung verlief so gut, als hätten wir alle insgeheim danach gesucht und sie jetzt endlich gefunden. Es fühlte sich natürlich an.
Ich fragte mich, wie sie mit dem nächsten Abschnitt unseres kleinen Arrangements umgehen würden.
Chase kam eher von der Arbeit nach Hause, legte seine Schürze um und machte sich daran, die Rippchen vorzubereiten, die er mit einer Dr. Pepper-Glasur überzog. Ja, als ich hörte, wie sie darüber geredet hatten, hatte es sich komisch angehört, aber die Rippchen waren köstlich. Als Landon und Daniel ebenfalls fertig waren, roch der gesamte Hof nach Rauch und Fleisch.
»Wann bekommen wir die Überraschung?«, fragte Landon, als er mir ein Bier reichte. Wir hatten uns draußen um den Smoker versammelt, als würden wir den 4. Juli feiern.
»Nach dem Essen.«
»Hey, ganz langsam«, sagte Chase. »Verleite mich nicht dazu, die Rippchen zu früh vom Grill zu nehmen, nur damit wir die Überraschung eher bekommen.«
»Ist es größer als ein Brotkasten?«, fragte Daniel und kratzte sich am Kinn.
Ich drehte das Bier in meinen Händen. »Nein.«
»Dann ist es schon mal kein Sportwagen«, sagte Landon.
Daniel verschluckte sich an seinem Bier. »Wozu zum Teufel willst du einen Sportwagen haben?«
»Könnte Spaß machen. Wenn ich den Wind in meinen Haaren spüre …« Er blickte zur Seite und lächelte mich schief an.
»Unter keinen Umständen würdest du einen Sportwagen wollen. Was gut ist, weil es keiner ist.« Ich atmete den Duft des Rauches ein, der in der Luft hing, und seufzte. »Gott, ich bin am Verhungern.«
»Hetz mich nicht«, beschwerte sich Chase.
Der Abend war mild, also aßen wir das Abendessen draußen auf der Veranda. Heidi saß geduldig unter dem Tisch und wartete darauf, dass die Jungs ihr ein paar Knochen gaben; ich hatte ihnen gesagt, dass sie das nicht tun sollten, aber diese Regel war in den letzten vier Jahren schon so oft gebrochen worden, dass es mir mittlerweile egal war.
»Womit haben wir die Überraschung denn verdient?«, fragte Daniel mit dem Mund voller Mais, den er direkt vom Kolben aß. Butter lief über sein Kinn, aber das schien ihn nicht zu stören.
»Vielleicht, um das Ranchiversary zu feiern«, schlug ich vor. 
»Ist es das?«
Ich trank einen Schluck von meinem Wasser. »Nein. Aber ihr habt sie definitiv verdient.«
»Haben wir das?«, fragte Chase.
»Wir alle?«, fragte Landon. »Oder nur einer?«
»Hmm, das werdet ihr sehen.«
Nach dem Essen überraschte Landon uns, indem er einen Kuchen zu uns trug, auf dem ein paar Kerzen brannten. »Ich musste die Schrift abkratzen, weil da Happy Birthday stand«, sagte er. »Aber ich denke, er schmeckt trotzdem.«
»Vier Kerzen?«, fragte ich.
Landons Augen funkelten im Kerzenlicht wie schwarze Murmeln. »Vier gemeinsame Jahre.«
»Und wir sind zu viert«, sagte Chase.
Wir pusteten die Kerzen aus – vier Atemzüge derselben Seele.
»Nicht, dass ich mich beschweren will«, sagte ich, »aber du zögerst die Überraschung hinaus.«
»Oh Mann!«, sagte Chase.
Ich schlang mein Stück Kuchen hinunter – und dann noch ein zweites, was die Jungs nervös aufstöhnen ließ, die auf ihren Stühlen praktisch schon auf und ab hüpften. Schließlich erhob ich mich, streckte mich theatralisch und sagte: »Ich bin gleich zurück.«
Ich konnte nicht aufhören zu grinsen, als ich hineinging und das Geschenk holte.
Drei Augenpaare weiteten sich, als ich mit einem großen quadratischen Geschenk, das in glänzendes grünes Papier eingewickelt und mit rotem Band und einer riesigen Schleife eingepackt war, auf die Veranda zurückkehrte. Sogar Heidi setzte sich auf und legte neugierig den Kopf schief, als ich es vorsichtig auf dem Tisch abstellte.
Für den Bruchteil einer Sekunde sah Landon enttäuscht aus, dass es sich wirklich um ein Geschenk anstatt etwas Sinnlicheres handelte. Aber ich wusste, dass er es ganz besonders lieben würde.
»Wer darf es öffnen?«, fragte er.
»Das überlasse ich euch«, sagte ich, als wäre es mir egal.
Sie rissen es von allen drei Seiten auf, entfernten das Papier und die Schleife, bevor sie den Deckel anhoben. Alle drei beugten sich nach vorn, um hineinzusehen. Landon war derjenige, der das Geschenk herausnahm.
Zwischen seinen Fingern klemmte ein Paar neuer Cowboystiefel, braun mit Quasten am oberen Rand. Nur dass es keine gewöhnlichen Stiefel waren: Sie waren kaum groß genug, um seine Hand auszufüllen.
Es dauerte einige Sekunden, ehe sie verstanden. Es war hinreißend zu beobachten, wie ihre Gehirne arbeiteten. Männer konnten manchmal so ahnungslos sein.
Chase kam als Erster auf die Lösung. Sein Gesicht hellte sich auf und er rief: »EIN BABY!«
Landon fiel die Kinnlade herunter. Er nahm seinen schwarzen Cowboyhut ab und fuhr sich mit der Hand durchs Haar. »Ich verstehe nicht.«
Ein breites Grinsen teilte Daniels Gesicht. »Wie lange weißt du es schon?«
»Ein paar Wochen«, gab ich zu. »Es war gar nicht so leicht, das geheim zu halten.«
»Aber …«, sagte Landon. »Ich habe dich trinken sehen.«
»Du glaubst, dass du mich trinken gesehen hast«, sagte ich. »Ist dir aufgefallen, dass ich normalerweise diejenige bin, die das Bier holt? Ich habe eine leere Flasche genommen und sie stattdessen mit Wasser gefüllt. Und an den Weinabenden habe ich nur so getan, als würde ich den Wein trinken und ihn heimlich in eure Gläser verteilt. Ein paar Mal war ich mir sicher, dass es euch aufgefallen ist!«
Ihre Augen wanderten zu meinem Wasserglas. Als ich die Erkenntnis auf ihren Gesichtern sah, musste ich laut lachen.
Chase sprang auf seine Füße und rannte wie ein glücklicher Golden Retriever um den Tisch herum. »Ich kann es nicht glauben!«, sagte er und zog mich in eine erdrückende Umarmung.
»Hey, ganz sachte«, sagte ich und legte eine Hand auf meinen Bauch. Noch konnte man nichts erkennen, aber das würde sich schnell ändern.
Kurz darauf gesellten sich die anderen zu uns und umarmten mich etwas vorsichtiger. Landon hatte Tränen in den Augen, was mich wiederum beinahe weinen ließ.
»Von wem ist es?«, fragte Daniel. Eine Frage, auf die ich vorbereitet war.
»Gute Frage«, sagte ich. »Ich glaube, es müsste von einem von euch sein.«
»Das ist nicht lustig!«, sagte Chase.
Landon schubste Daniel verspielt. »Woher soll sie wissen, von wem es ist, hm? Es sei denn, ihr zwei hattet eine Vasektomie, von der ich nichts weiß.«
»Herauszufinden, von wem es ist, ist Teil der Überraschung«, sagte ich. »Ein Teil des Spaßes.«
Wir teilten einen emotionalen Augenblick miteinander; sie kauerten sich eng zusammen und legten ihre Arme um mich, als müssten sie mich beschützen.
Dann sagte Landon: »Na ja, wahrscheinlich ist es von mir.«
»Woher willst du das wissen?«, fragte Daniel.
»Weil ich die besten Schwimmer habe. Das älteste Kind hat immer die besten Gene.«
»Ich glaube nicht, dass das so funktioniert.«
»Er wird blonde Haare haben und ein gutaussehender Teufel sein.« Chase sah zu mir. »Oder eine wunderschöne Teufelin. Du, ähm, kennst nicht zufällig schon das Geschlecht?«
»Nein. Und ich glaube auch nicht, dass ich das wissen will, bis er oder sie geboren wurde.«
Sein Mund stand offen. »Oh, komm schon! So lange können wir nicht warten!«
»Woher sollen wir wissen, in welcher Farbe wir das Kinderzimmer streichen sollen?«, fragte Daniel.
»Kinderzimmer?«
»Nun ja«, sagte er. »Neben deinem Schlafzimmer ist noch ein ungenutzter Raum, den wir im Moment nur als Lagerraum benutzen. Ich könnte ihn ausräumen, ein paar Regale für Windeln und Tücher und so was einbauen …«
Landon nickte. »Wir haben noch Holz von dem neuen Speicher über.«
»Ich habe einen Kumpel, der Häuser renoviert«, fügte Chase hinzu. »Mit seiner Hilfe kann ich das Haus babysicher machen. Spitze Kanten abrunden und so weiter.«
»Ich schätze, wir müssen es grün streichen, bis wir wissen, ob es ein Junge oder ein Mädchen ist …«
»Jungs, Jungs«, sagte ich und hob meine Hände. Sie taten so, als wäre ich gar nicht mehr da. »Von diesem Punkt sind wir noch Monate entfernt. Können wir uns einfach nur entspannen?«
Sie sahen enttäuscht aus. Es war bezaubernd. Ohne zu zögern, hatten sie sich bereits in diese Sache hineingestürzt.
Ich liebte es.
»Ich liebe euch«, sagte ich zu ihnen. »Ich kann es kaum erwarten, diesen Schritt mit euch zu gehen.«
»Also …«, sagte Chase. »Auch wenn es offensichtlich von mir ist …«
»Das ist ganz und gar nicht offensichtlich!«, sagte Daniel.
»Was, wenn es das nicht ist?«, fragte Chase. »Denn weißt du, eigentlich will ich …«
Mein Herz brach, als ich ihn beobachtete. »Wir haben nie darüber geredet.«
»Doch, haben wir«, sagte Landon. »Wir drei. Aber wir wussten nicht, wie wir das Thema dir gegenüber ansprechen sollten …«
»Wir wollen alle Kinder«, sagte Daniel, sein Akzent klang etwas härter als sonst. »Mit dir, natürlich. Glaubst du, dass du bereit bist, mindestens drei zu bekommen?«
Ich lachte. Darüber hatte ich noch nicht nachgedacht. Ich hatte nicht versucht, schwanger zu werden. Es war einfach passiert. Ich musste mit der Pille nachlässig geworden sein.
Aber jetzt, da ich schwanger war? Tief im Innern hatte ich mir das schon immer gewünscht. Ich hatte Angst gehabt, wie die Jungs reagieren würden. Wusste nicht, ob sie dasselbe wollten.
Jetzt, als ich sah, dass sie es wollten, drangen Freudentränen in meine Augen.
»Natürlich kann ich drei bekommen«, sagte ich. »Mindestens. Immerhin haben wir noch viel Platz in diesem Haus …«
Chase seufzte erleichtert auf. »Du wirst eine großartige Mutter werden«, sagte er.
»Und ihr werdet großartige Väter werden. Ihr alle.« Ich richtete meinen Blick auf den Tisch. »Und jetzt, da ich nicht mehr verstecken muss, was für ein Schwein ich bin, wie wäre es mit einem dritten Stück Kuchen?«
Wir alle setzten uns und genossen den Kuchen. Die Jungs bedienten mich, als wäre ich im neunten Monat schwanger und bereits in den Wehen: Sie fragten, ob ich noch mehr Wasser bräuchte, brachten mir viel zu viele Servietten, holten ein Kissen aus dem Wohnzimmer, damit ich es bequemer hatte. Es war schön, auf eine kitschige Art und Weise.
»Mein Kind wird am besten reiten können«, sagte Landon bestimmt. »Eure werden natürlich auch gut sein, aber nicht so gut wie meins.«
»Meine Tochter wird alle anderen schlagen«, sagte Daniel.
»Deine Tochter?«
Er grinste wissend. »Oh ja. Ich werde eine Tochter haben.«
»Vergesst das Reiten«, sagte Chase. »Wer wird am besten mit dem Lasso umgehen können?«
»Man kann kein guter Lassowerfer werden, wenn man nicht gut reiten kann!«, sagte Daniel.
Während die Sonne über der Ranch unterging, hörte ich ihnen dabei zu, wie sie darüber diskutierten, wessen Kind der beste Cowboy werden würde.

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